National Geographic Wissen 2021
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Bericht
Mit neuen Erkenntnissen zur „Energiepflanze Silphie“ erfolgreich bei Jugend forscht
2. Platz für die beste Arbeit mit geographischen Inhalten in Geo- und Raumwissenschaften geht nach Baden-Württemberg – Das virtuelle Bundesfinale von Heilbronn 2021
Die Teilnehmer für das diesjährige Bundesfinale von Jugend forscht in Heilbronn hatten sich – durch Corona bedingt - jeweils virtuell über die Regional- und Landeswettbewerbe qualifiziert. 169 Jungforscher und -forscherinnen mit insgesamt 113 Projekten wollten die Bundessieger in den jeweiligen Fachsparten ermitteln, davon 14 Arbeiten im Bereich Geo- und Raumwissenschaften. Das diesjährige Bundespatenunternehmen, das Science Center experimenta gGmbH in Heilbronn, sorgte dabei unter den erschwerten Bedingungen für ein optimal gestaltetes Umfeld. Gemäß dem Wettbewerbsmotto „Lass Zukunft da“ sollte an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer appelliert werden, für die Zukunft Verantwortung zu übernehmen und eigene Ideen für die zukunftsfähige Gestaltung unseren Planeten zu entwickeln. Gefragt sind dabei Erfindergeist und Visionen der Welt von morgen.
Die Platzierungen geographischer Arbeiten im Bereich Geo- und Raumwissenschaften
Den 2. Platz belegten die Schülerinnen Isabell Seibel und Melina Reckermann (Immanuel-Kant-Gymnasium,Tuttlingen/Baden-Württemberg) Sie stellten sich die Frage „Landwirtschaft auf Kosten der Umwelt? Auswirkungen verschiedener Pflanzen auf Böden“. Das ist eine durchaus berechtigte Frage, nachdem in den letzten Jahren das Image von Biogas durch riesige Maisfelder gelitten hatte. Deshalb wird die „Durchwachsene Silphie“ als ökologisch vorteilhafte Alternative diskutiert. Aus diesem Grunde verglichen die beiden Jungforscherinnen die Auswirkungen von Silphie und Mais auf Boden und Wasserhaushalt, indem sie sowohl bestehende Felder analysierten als auch Kulturen in eigenen Boxen anlegten. Die gesammelten Ergebnisse sprechen eindeutig für die Silphie, denn sie reguliert den Wasserhaushalt des Bodens besser und senkt auf diesem Wege das Risiko von Nitratauswaschung. Zudem liegt sie in der Bildung von Humus eindeutig vor dem Mais, was natürlich den Bodenorganismen zugutekommt. Nach Ansicht der beiden Jungforscherinnen ist die Silphie keine Wunderpflanze, aber sie macht die Produktion von Biogas umweltfreundlicher, nicht zuletzt, weil sie ohne jährlichen Herbizideinsatz auskommt. Zusätzlich erhielten die beiden Jungforscherinnen den bedeutenden vom Stockholm International Water Institute gestifteten Sonderpreis, der zur Teilnahme am Wettbewerb „Stockholm Junior Water Prize“ berechtigt.
Auf Platz 4 landeten Felix und Florian Heim (Privates Johannes-Gymnasium, Lahnstein/Rheinland-Pfalz) mit ihrer Arbeit „Ein Vergleich von Schottergarten und Rasenfläche in ihrem Einfluss auf das Mikroklima“. Die beiden Jungforscher haben damit ein in den letzten Jahren immer akuter werdendes Thema aufgegriffen, da sich Hauseigentümer zunehmend für eine Schotterfläche anstelle einer Grünfläche vor dem Haus entscheiden. Sie wollten wissen, welche Auswirkung die Art von Gartengestaltung auf das kleinräumige Klima hat. Auf zwei nebeneinander liegenden Versuchsfeldern (eines mit Schotter, das andere mit Rasen) bauten sie zwei identische Messstationen auf. Mehrere Monate lang erfassten sie damit die meteorologischen Werte und fanden heraus, dass sich sowohl der Boden als auch die Luftschicht direkt darüber bei starker Sonneneinstrahlung besonders schnell und stark erwärmte. Über dem Gras war die Luftfeuchtigkeit zudem höher und der Grasboden speicherte die Niederschläge länger. Aus ökologischen Gründen lehnen daher die beiden Jungforscher Schottergärten ab. Für dieses Projekt erhielten sie außerdem den Sonderpreis für eine Arbeit zum Thema „Klimaschutz“ der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit.
Den 5. Platz errang Lisa Schreyer (Gymnasium der CJD Christophorusschulen Berchtesgaden, Schönau am Königssee/Bayern) mit ihrer Arbeit „Mikroplastik in Alpenseen – Detektion mitels Nilrot-Färbung“. Die Jungforscherin nahm sich die Ufersedimente von zwei bayerischen Seen vor und entwickelte ein einfaches Verfahren zum Nachweis von Mikroplastik. Ihre jeweils an vier Stellen der Seen entnommenen Proben behandelte sie im Labor mit dem fluoreszierenden Farbstoff Nilrot. Da sich dieser speziell an die Polymere bindet, lassen sich die gesuchten Mikropartikel anschließend aufgrund der Wellenlänge des zurückgestrahlten Lichtes per Mikroskop leicht identifizieren. Der höchste Partikelwert konnte in der Nähe eines Seebades nachgewiesen werden, was ein Indiz dafür ist, dass dort besonders viel Plastikmüll in die Umwelt eingetragen wird. Dieser zerfällt dann im Laufe der Jahre in kleinste Teile und lagert sich im Sediment ab.
Sonderpreis des Verbands Deutscher Schulgeographen (VDSG)
Seit fünf Jahren protokollierten Michael und Johann Rosch (Albert-Einstein-Gymnasium, Völklingen/Saarland) jede Woche auf jeweils denselben Flächen in ihrer Heimatstadt den Blühbeginn und das Blühende von 140 verschiedenen Pflanzen. Auf diese Weise konnten sie nachweisen, dass viele Arten in den letzten Jahren zum Teil erheblich früher blühten als in der entsprechenden Fachliteratur angegeben wurde. Manche Pflanzen erwachten sogar mehr als einen Monat früher aus ihrer Winterruhe. Um die als Ursache vermutete Erwärmung auch anhand meteorologischer Daten nachweisen zu können, bauten die beiden Jungforscher vor drei Jahren zusätzlich eine eigene Wetterstation auf. Mit dieser konnte bewiesen werden, dass mit nur einer einzigen Ausnahme alle Monate wärmer waren, als es nach einer vorliegenden Klimastatistik zu erwarten gewesen wäre. In ihrer Arbeit „Geologische und klimatologische Untersuchungen in Püttlingen“ kommen sie zum Ergebnis, dass der Klimawandel schon längst vor der eigenen Haustür nachweisbar ist.
Sonderpreis der Deutschen Gesellschaft für Geographie (DGfG)
Tim Schwarzbach (Martin-Andersen-Nexö-Gymnasium, Dresden/Sachsen) hatte festgestellt, dass Messstationen für Feinstaub in Städten oft wenig repräsentative Aussagen machen für das umliegende Areal. Deshalb absolvierte er über mehrere Monate hinweg 68 Fahrten auf der immer gleichen Route durch Dresden. Auf seinem Fahrrad hatte er ein Feinstaubmessgerät mit dabei, das – gekoppelt mit den GPS-Daten des Smartphones – für die gut zwei Kilometer lange Strecke jedes Mal ein räumliches Profil der Luftbelastung erstellte. So konnte der Jungforscher nicht nur zeigen, welche Straßenabschnitte besonders stark durch Feinstaub belastet waren, sondern es wurden auch Faktoren ermittelt, die Einfluss auf die Luftqualität haben, z.B. das Wetter und die Tageszeit. Auf diesem Wege konnte er in seiner Arbeit „Erprobung einer Möglichkeit zur mobilen Messung der Feinstaubbelastung“ nachweisen, dass sich bereits mit einfachen Mitteln ein präziseres Bild der Luftbelastung zeichnen lässt, als es stationäre Messstellen können.
Die weiteren Platzierungen im Bereich Geo- und Raumwissenschaften
Der Bundessieg ging an Lukas Weghs (Thomaeum – Städtisches Gymnasium, Kempen/Nordrhein-Westfalen) für seine astonomische Arbeit „Photometric search for exomoons by using deep learning and a convolutional neural network“. Zur Ausgangslage für den Jungforscher: Astronomen kennen mehr als 4000 Exoplaneten. Hierbei handelt es sich um Himmelskörper, die um einen anderen Stern als die Sonne kreisen. Allerdings konnte bei keinem davon bislang ein dazugehöriger Mond sicher nachgewiesen werden, obgleich es einige mögliche Kandidaten gibt. Deshalb schrieb der Jungforscher ein selbstlernendes Programm für einen Hochleistungsrechner, das dabei hilft, mögliche Exomonde zu identifizieren. Dieses geschieht mittels der Transitmethode, mit der auch Exoplaneten entdeckt werden: Sobald ein Himmelskörper aus Sicht der Erde vor einem Stern vorbeizieht, senkt er dessen Helligkeit minimal nach einem definierten Muster. Ein vorhandener Exomond würde dieses Muster noch etwas mehr verändern. So helfen die Algorithmen des Jungforschers dabei, astronomische Helligkeitsmessungen nach Spuren von Exomonden zu durchsuchen.
Platz 3 ging ebenfalls an eine astronomische Arbeit mit dem Titel „Untersuchung des astronomischen Seeings durch Aperturfotometrie von Strichspuren“ von Ole Benstem (Bischöfliches Gymnasium Josephinum, Hildesheim/Niedersachsen). Wenn Sterne in Langzeitaufnahme fotografiert werden, ohne dass die Kamera astronomisch nachgeführt wird, so hinterlassen die Himmelskörper auf dem Bild Strichspuren. Da diese den zeitlichen Verlauf der sichtbaren Helligkeit des betroffenen Sterns widerspiegeln, lässt sich mit Hilfe der Spur für jeden Zeitpunkt das sogenannte Seeing (Maß der Bildunschärfe durch Luftunruhe) ermitteln. Der Jungforscher analysierte entsprechende Himmelsaufnahmen mit einer selbst entwickelten Software. Auf Basis seiner Daten lassen sich Sternfotos digital korrigieren, indem die für jeden Aufnahmezeitpunkt bekannten Störungen durch die Erdatmosphäre passgenau herausgefiltert werden können. Damit lassen sich Helligkeit und Position von Himmelskörpern trotz der unruhigen Lufthülle der Erde noch präziser bestimmen.
Die Wettbewerbsrunde 2022 hat bereits begonnen
Anmeldungen zur Wettbewerbsrunde 2021/22 (oder zum Wettbewerb „Schüler experimentieren“) sind ab sofort möglich. Anmeldeschluss ist der 30. November 2021; die Einreichung der Arbeit muss dann Anfang Januar 2022 erfolgen. Nähere Informationen zum Wettbewerb 2021 und zur neuen Wettbewerbsrunde unter: Stiftung Jugend forscht e.V., Baumwall 3, 20459 Hamburg, Telefon 040/374709-0, Telefax 040/374709-99; Mailanschrift: info@jugend-forscht.de oder unter www.jugend-forscht.de .
Volker Huntemann
Fotos